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Der Außenminister der Republik Belarus über die Gründung der Eurasischen Wirtschaftsunion und Beziehungen zur EU

11.06.2014 г.

In einem Interview an die nichtstaatliche Nachrichtenagentur BelaPAN vom 9. Juni 2014 hat der Außenminister der Republik Belarus Vladimir Makej betont, dass es im nationalen Interesse von Belarus liege, sehr enge Beziehungen sowohl mit Russland, als auch mit der Ukraine zu bewahren und auszubauen. Jemand habe sich bewusst zum Ziel gesetzt, drei Brüdervölker in dieser Region gegeneinander aufzubringen. Hinter den Geschehnissen in der Ukraine stecke eine gut durchdachte Inszenierung. Belarus sei aber entschlossen, dies nicht zuzulassen. Man sollte sich alle Mühe geben, um Frieden, Ruhe und Stabilität aufrechtzuerhalten. Dabei beabsichtige Belarus keinesfalls, eine Vermittlerrolle zu übernehmen und gehe davon aus, dass alle Konfliktparteien endlich in einem Dialog am Verhandlungstisch gegenseitig annehmbare Lösungen finden könnten.

Der belarussische Außenminister hat die Unterzeichnung des Vertrags über die Gründung der Eurasischen Wirtschaftsunion zwischen Belarus, Kasachstan und Russland am 29. Mai 2014 als ein wichtiges Ereignis und einen positiven Schritt bezeichnet. Obwohl nicht alle Ausnahmen und Einschränkungen im gegenseitigen Handel abgeschafft seien, wie es von Anfang an beabsichtigt wurde, habe sich die belarussische Seite für die Unterzeichnung des Vertrags entschieden. Als ein relativ kleines Land könne Belarus in einer globalisierten Welt allein nicht überleben und dürfe nicht den Integrationsprozessen fernbleiben. „Ich glaube, es ist ein Axiom, dass wir an der Zollunion und dem Gemeinsamen Wirtschaftsraum sowie an der zukünftigen Eurasischen Wirtschaftsunion teilnehmen sollen. Dann wird es uns konkrete Nutzeffekte bringen“, – unterstrich Vladimir Makej.

Der Leiter des belarussischen Außenministeriums hat sich für normale, ausgewogene und gleichberechtigte politische und wirtschaftliche Beziehungen mit allen Ländern der Europäischen Union ausgesprochen. Dies sei die grundsätzliche Position. Die EU sei für Belarus der zweitwichtigste Handelspartner nach Russland. Zurzeit führe die Republik Belarus Verhandlungen mit der EU über die Vereinfachung des Visaregimes und Readmission, die für einfache Bürger wie auch für Geschäftsleute von Bedeutung seien. Dabei bestehe Belarus darauf, dass es keine Diskriminierung im Vergleich zu den ähnlichen Abkommen zwischen der EU und anderen Staaten geben darf. Als ein möglicher Termin für die Unterzeichnung des Abkommens könnte der nächste Gipfel der Östlichen Partnerschaft im Jahr 2015 genannt werden.

Vladimir Makej betonte, dass die Östliche Partnerschaft in Minsk nach wie vor als eine bedeutsame Initiative und ein sehr wichtiges Instrument für die Normalisierung der Beziehungen zwischen Belarus und der EU betrachtet wird. „Solange diese Initiative unseren nationalen Interessen entspricht, werden wir uns an diesem Projekt beteiligen, unabhängig davon, ob es jemandem gefällt oder nicht“, – sagte der Außenminister. Gleichzeitig sei es an der Zeit, einige Ansätze zur weiteren Umsetzung der Initiative zu überprüfen. Es sollte viel mehr Aufmerksamkeit den Fragen der regionalen Sicherheit, des Wohlstands der Bevölkerung, der Gleichberechtigung sämtlicher Länder der Östlichen Partnerschaft gewidmet werden. Die Initiative dürfe nicht zur Entstehung neuer Trennlinien in Europa führen. „Man darf die Frage so nicht formulieren: entweder nimmst du an der Östlichen Partnerschaft teil, oder du wirst zum Mitglied der Zollunion und der zukünftigen Eurasischen Wirtschaftsunion, dann sind für dich all diese Türen zu“. So eine Fragestellung sei aus der Sicht der Republik Belarus völlig falsch. Man dürfe nicht Länder vor die Wahl „entweder – oder“ stellen. Dies habe auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier neulich beim Visegrad-Gipfel anerkannt.

Dem belarussischen Chefdiplomaten zufolge, solle jeder Teilnehmerstaat der Östlichen Partnerschaft differenziert und nicht diskriminierend behandelt werden. Zurzeit sei Belarus an normalen und ausgeglichenen Beziehungen zur EU interessiert. Niemand kann aber vorhersagen, was in der Perspektive geschehen wird. „Vielleicht wird Belarus sehr enge Beziehungen zur EU pflegen. Vielleicht wird es in 20 Jahren der EU beitreten wollen. Oder aber wird sich die zukünftige Eurasische Wirtschaftsunion mit der Europäischen Union zusammenschließen, wodurch ein gemeinsamer Freihandelsraum von Lissabon bis Wladiwostok entsteht“.

Die belarussische Seite sei auf jeden Fall daran interessiert, dass diese Initiative sichtbare Ergebnisse und Vorteile für konkrete Menschen bringe. Belarus habe zum Beispiel vorgeschlagen, Businessforen im Rahmen der ÖP-Gipfel durchzuführen. Auch die belarussische Initiative, einen gemeinsamen Digitalmarkt der EU und ÖP-Länder zu schaffen, wurde positiv wahrgenommen. „Wir treten für die praktische Ausrichtung dieser Initiative für konkrete Menschen, unsere Staatsbürger, und nicht für irgendwelche ephemere politische Versprechen und Profite ein“, – so Makej.

Laut dem Außenminister der Republik Belarus sei man in Minsk der grundsätzlichen Probleme in den Beziehungen mit der Europäischen Union durchaus bewusst, die es zu lösen gelte. Für Belarus seien es völlig unbegründete Sanktionen seitens der EU, für die Europäische Union – vermeintliche politische Gefangene, deren genaue Zahl eigentlich nicht feststehe. Gleichzeitig solle man auf den zahlreichen Gebieten aktiv vorankommen, die für beide Seiten von Interesse sind. „Wir müssen eine positive Atmosphäre in unseren Beziehungen schaffen, auch durch kleine Schritte, die letztendlich, meiner Überzeugung nach, die Beseitigung von diesen zwei prinzipiellen Besorgnissen sowohl für die EU, als auch für Belarus ermöglichen werden“.

Zum Thema Todesstrafe in Belarus als ein weiteres Problem aus der Sicht der EU erklärte Vladimir Makej, dass es für Belarus sehr sensibel sei und ohne jegliche künstliche Beschleunigung behandelt werden sollte. Bei der Volksabstimmung 1996 hätten über 80% der Wähler gegen die Abschaffung der Todesstrafe gestimmt. Auch heute noch sei die belarussische Gesellschaft nicht bereit, die Abschaffung zu akzeptieren. Davon zeugten Ergebnisse der Meinungsumfragen. Die belarussische Staatführung berücksichtige die öffentliche Meinung. Gleichwohl werde diese Frage im Parlament diskutiert, es gebe eine zuständige Arbeitsgruppe, es hätten mehrere Veranstaltungen, auch unter Beteiligung der Experten des Europarates, stattgefunden. Unter bestimmten objektiven Voraussetzungen könne die Verhängung eines Moratoriums für die Todesstrafe von den Staatsorganen geprüft werden.

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