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Grußwort des Botschafters der Republik Belarus in Deutschland Herrn Andrei Giro zur Gedenkfeier anlässlich der Neugestaltung des Gedenkortes „Ehemaliger SS-Schießplatz Hebertshausen“, Dachau

03.05.2014 г.

2. Mai 2014

Liebe Überlebende und Angehörige der Opfer, 
sehr geehrte Frau Dr. Hammermann und Herr Freller,
sehr geehrte Herr Staatsminister Spaenle und Frau Hasselfeldt,
liebe Kollegen,
meine Damen und Herren.

Es ist für mich eine große Ehre, bei der heutigen Gedenkfeier anlässlich der Neugestaltung des Gedenkortes „Ehemaliger SS-Schießplatz Hebertshausen“, der vor allem an Millionen sowjetischer Kriegsgefangener als einer der größten Opfergruppen nationalsozialistischer Verbrechen im Zweiten Weltkrieg erinnern soll, dabei sein zu dürfen.
 
Allein in Belarus wurden 700.000 Kriegsgefangene, wie der deutsche Historiker Christian Gerlach in seiner Studie belegt hat, von der Wehrmacht und den Verwaltungsbehörden planmäßig in den Hungertod getrieben.
 
ZITAT: “Die sowjetischen Kriegsgefangenen waren die größte Opfergruppe der deutschen Verbrechen im besetzten Weißrussland und im Krieg gegen die Sowjetunion überhaupt. Verbrechen, die alle sahen. Die Kriegsgefangenen waren auch … Opfer in aller Öffentlichkeit: von den ersten Kriegswochen an wurden sie vor den Augen der Zivilbevölkerung reihenweise erschossen.” ZITAT ENDE.
 
Auch von den sowjetischen Kriegsgefangenen, die ihre letzte Ruhestätte in Dachau bzw. Hebertshausen gefunden haben, stammten viele aus Belarus. Seit einigen Jahren erinnert in Dachau eine Gedenktafel an die Häftlinge aus Belarus, die hier festgehalten und zu Tode gequält wurden. Sie zählen zu den 2,2 Millionen belarussischer Bürger, die im Krieg umgekommen sind – mehr als ein Viertel der gesamten Bevölkerung meines Landes.
 
Während des Zweiten Weltkrieges haben faschistische Besatzer regelrecht einen Völkermord gegen das belarussische Volk entfacht. Sie wollten den Großteil der Bevölkerung vernichten und den Rest versklaven. 
 
Zum Glück sind diese menschenfeindlichen Pläne völlig gescheitert. In den Partisanenwäldern, im Untergrund wuchs und breitete sich die unaufhaltsame Widerstandsbewegung aus, die einen erheblichen Beitrag zur Befreiung von Belarus und dem gesamten Europa geleistet hat.
 
2014 jährt sich die Befreiung meines Landes von den faschistischen Besatzern zum 70. Mal. Im Laufe der sowjetischen strategischen Militäroffensive „Operation Bagration“ wurde vom 23. Juni bis 28. Juli 1944 das gesamte belarussische Staatsgebiet zurückerobert. Die Hauptstadt Minsk wurde am 3. Juli 1944 befreit. An diesem Tag wird jetzt der Nationalfeiertag der Republik Belarus – der Tag der Republik gefeiert. Als letzte Stadt auf belarussischem Boden wurde Brest am 28. Juli 1944 befreit.
 
Zu diesem Zeitpunkt waren die meisten Städte im Land komplett zerstört, mehr als 9.000 Dörfer niedergebrannt, davon über 600 zusammen mit ihren Einwohnern. Für 186 Dörfer, die nie wieder aufgebaut wurden, steht in der Nähe von Minsk symbolisch die weltberühmte Gedenkstätte Chatyn.
 
„Nie wieder Krieg“ – für die Belarussen sind es keine bloßen Worte. Es ist das wichtigste Vermächtnis unserer Eltern und Großeltern. Zu hoch war der Blutzoll, den meine Landsleute im Kampf für die Unabhängigkeit und Freiheit ihrer Heimat erbringen mussten.
 
Umso bitterer ist es heute festzustellen, dass die Lehren der größten Katastrophe des vorigen Jahrhunderts offensichtlich nicht gut genug angekommen sind. Aktuelle Entwicklungen in unserem Nachbarland, die in Belarus besonders aufmerksam verfolgt werden, zeugen davon, wie leicht nach wie vor Leben und Gesundheit der Menschen den ideologischen Einstellungen und geopolitischen Ambitionen geopfert werden, wie instabil eigentlich die Grundlagen der Nachkriegswelt, auch auf dem europäischen Kontinent, sind.
 
Belarus, das mehrmals unter dem Krieg und der fremden Besatzung gelitten hat, tritt nachdrücklich dafür ein, Bemühungen aller Menschen guten Willens im Kampf gegen Gewalt und Terror, für den Frieden und die gegenseitige Verständigung zu vereinen. Menschenleben und Menschenwürde sind fundamentale Werte, die es in erster Linie zu schützen gilt. Dazu mahnen uns alle, die hier und auf unzähligen anderen Grabstätten des Zweiten Weltkrieges ruhen.

Lassen wir uns diese Mahnung hören und ihr folgen.

Lassen wir uns nicht vor Hass und Rachsucht verblenden.

Lassen wir uns keine Waffen und Gewalt als Lösungsmittel für Konflikte in Betracht ziehen.

Lassen wir uns aus der Geschichte wirklich lernen und junge Leute in Frieden und Toleranz erziehen.

Ich wünsche der KZ-Gedenkstätte Dachau viele interessierte Besucher aus allen Herren Länder, die hoffentlich dank den hier erhaltenen Kenntnissen und Erfahrungen zur Friedensstärkung weltweit beitragen werden.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

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